Sonntag, 31. Januar 2016

Indonesien 10 - Flores: Aller guten Dinge sind drei

Von Ruteng aus fahren wir mit dem Bus weiter Richtung Ende. Da wir wenig Lust haben 14 Stunden auf kurvigen Bergstraßen in einem Minibus zu sitzen, sind wir quasi gezwungen in Bajawa einen Zwischenstopp einzulegen. Bajawa ist ein Kaff, hier gibt es nix. Umso überraschter sind wir, als wir auf dem Weg zum Supermarkt einen kleinen jungen im BVB-Trikot sehen - Timo ist außer sich! Der Kleine wundert sich ordentlich über unsere Begeisterung und wir können kaum kommunizieren, dass Timo Dortmunder ist. Aber ich habe schnell noch ein Foto geschossen.

Wir sind in Bajawa ja nur auf der Durchreise, normalerweise bleibt man hier ein paar Tage, um in den umliegenden Bergen zu wandern und sich Dörfer von Einheimischen anzuschauen. Neugierig wie wir sind beschließen wir trotz der katastrophalen kulinarischen Zustände - das Frühstück hat ein neues Tief erreicht, denn hier gibt es nichtmal Toast - doch noch eine Nacht zu bleiben. Und so mieten wir am nächsten Morgen unser neues Lieblingsgefährt, das Honda Moped, und machen uns auf die Gegend zu erkunden. Wir verbringen einen ganzen Tag im Gebiet der Ngada, fahren von Dorf zu Dorf. Aber so schön wie Wae Rebo ist keines. Wir schauen uns die Dörfer Bena, Luba und Gurusiri an, voller traditioneller Hütten, über Webstühlen hockenden Alten und schüchternen Kindern. Runzlige Alte, mit vom Betelnuss-kauen roten, zahnlosen Mündern, lächeln uns zur Begrüßung an und wir beobachten staunend, wie sie so nebenbei beim Kaffeklatsch mit der Hand tolle Stoffe mit komplizierten Mustern weben. Die Muster sind voll boheme Indie - total hipster.
Die Bewohner von Luba
Da sieht man mal wieder - in der Mode kommt alles wieder. In Dorf Nummer 2 tönt als wir ankommen aus einem kleinen Radio eine indonesische Version von "All about that bass" - so haargenau kopiert, dass ich mitsingen kann. Die Globalisierung hat schon ihre witzigen Seiten! Von der Straße aus haben wir spektakuläre Blicke auf Gunung Inerie, ein Vulkan der dafür bekannt ist einen exakt gleichschenkliges Dreieck als Schatten zu werfen. Der Schatten sieht tatsächlich aus, als hätte Gott ihn mit dem Lineal gezeichnet, so als ob dort kein natürlicher Berg, sondern eine Pyramide stünde. Im letzten Dorf platzen wir in eine Hochzeit und werden als die exotischen Gäste fürstlich empfangen und bewirtet. Das ganze Dorf ist in Aufruhr, weil wir da sind, ich habe fast schon ein schlechtes Gewissen der Braut die Schau zu stehlen, darum bleiben wir auch nicht lange.
Bena
Am nächsten Morgen werden wir mal wieder von einer Moschee jäh aus dem Schlaf gerissen. Schon komisch, eigentlich soll Flores doch katholisch sein, ich hab aber das Gefühl auf Flores gibt es mehr Moscheen als sonst irgendwo wo wir waren. Eine halsbrecherische Busfahrt mit einer Ziege auf dem Busdach bringt uns schließlich nach Ende. 
 
Wir reisen mittlerweile mit einer kleinen Bananenstaude, weil wir wieder mal keine einzelne Banane kaufen konnten. Von Ende aus müssen wir noch nach Moni und freuen uns schon als das Umsteigen mit dem Bus reibungslos klappt. Allerdings geraten wir dann in einen Stau -- zu früh gefreut. Die Straße wurde gesperrt und wir sitzen stundenlang in der Hitze in dem Bus, aber draußen rumlaufen bringt irgendwie auch nix. Wir verschenken die Bananenstaude an Kinder, die uns unbekannte Snacks verkaufen. Kurz drauf versuchen uns die selben Kinder eine Banane zu verkaufen...netter Versuch. In all den Stunden in der drückenden Hitze höre ich keinen Indonesier meckern, alle scheinen gutgelaunt zu sein. Der Finne der mit uns schon seit Bajawa im Bus sitzt sagt, die Menschen denken hier anders über Zeit, keiner trägt eine Uhr. Wie kann man denn anders über Zeit nachdenken, frage ich mich? Nicht als etwas messbares, wertvolles? Vielleicht nimmt das ja den Stress aus allem raus. Ich versuche es gleich mal und sage mir Zeit ist egal, aber ich bin trotzdem genervt. Naja man kann eben nicht aus seiner Haut. ;)
Endlich in Moni angekommen haben wir die beste Unterkunft aller Zeiten - neu renoviert, ein superbequemes Bett und Totenstille. Dazu sind die Besitzer wahnsinnig nette Leute. Der Vater der Familie erzählt, dass er selbst diese drei Hütten gebaut hat, um für die Schule seiner Tochter zu bezahlen. Mehrfach sagt er, er sei dumm, weil er ja nicht zur Schule gegangen ist. Wir widersprechen ihm jedesmal und er strahlt auf dem ganzen Gesicht, als wir ihm immer wieder erzählen, wie toll er seine Hütten gebaut hat und dass das doch auch nicht jeder kann. Tatsächlich sind die Hütten mit einem Standard ausgestattet, den wir so auf unserer Reise selten zu sehen bekommen haben. Der Besitzer freut sich noch mehr, als wir ihm erzählen, dass seine Hütten bereits auf Travelwiki als beste Unterkunft in Moni beschrieben werden. Er kann es gar nicht fassen, dass seine Hütten jetzt schon im Internet erwähnt werden und rennt gleich weg, um das seiner Frau zu erzählen. Die Frau kocht im Restaurant wirklich leckeres Essen. Das ist ein echtes Familienunternehmen.
Nach einer wunderbar ruhigen -- aber leider viel zu kurzen -- Nacht in einem für indonesische Verhältnisse ungewöhnlich kuschelig weichen Bett geht es mal wieder 4 Uhr früh los, um den Sonnenaufgang vom  Vulkan Kelimutu zu sehen. Der Vulkan ist für seine drei Kraterseen bekannt, die in verschiedenen Farben leuchten -- schwarz, rot, türkis -- und bis heute weiß keiner warum. Dazu kommt, dass die Seen über die Jahre die Farben auch noch wechseln -- auch das kann bisher nicht wissenschaftlich erklärt werden. Das feuert die Legenden um die Seen natürlich immer weiter an. Angeblich ist jeder See Heimat einer anderer Gruppe Toter - es gibt einen See für Alte, einen für Junge und einen für böse Geister. Der Aufstieg ist diesmal recht bequem, wir haben uns für den ganzen Tag einen Fahrer und einen Guide gemietet (der Guide ist der Sohn unseres Hotelbesitzers) und wir müssen nur 20 Minuten zum Krater hochsteigen und nur die Hälfte Eintritt bezahlen. Dann heißt es warten. Mit jeder Minute frage ich mich mehr, warum wir eigentlich unbedingt so früh los mussten wie wir so im Dunkeln vor uns hin frieren und billigen Tee aus Plastikbechern trinken. Irgendwann leiht unser Guide für uns zwei traditionell indonesische Riesentunnelschals ("Ikat") aus und wir fühlen uns prompt wie Einheimische, wie wir da so stehen, von Kopf bis Fuß wie die Raupen eingewickelt in bunte indonesische Wollmuster. Als die Sonne endlich aufgeht überwiegt die Erleichterung weit mehr als die Begeisterung, auch wenn es wirklich schön ist zu sehen, wie die Sonnenstrahlen nach und nach die einzelnen Kraterseen beleuchten. Um alle drei voll leuchten zu sehen hätte man aber später kommen müssen. Jetzt noch 2 Stunden in der Kälte warten ist aber keine Option. Na beim nächsten Mal sind wir schlauer. Gemeinsam mit unserem netten Fahrer besichtigen wir an dem Tag noch heiße Quellen (= ein Schlammloch mit warmem Wasser, im Nachhinein frag ich mich wirklich warum wir uns da rein gesetzt haben), einen Wasserfall (mit viel Müll) und ein weiteres traditionelles Dorf, in dem sehr zu unserer Erheiterung ein paar Holzbrüste (!) an jedem "Frauenhaus", der Unterkunft für die Frauen, angebracht sind. Hier werden wir auch mal wieder von den Geistern begrüßt, dabei komme ich mir allerdings diesmal ziemlich albern vor und denke so bei mir "na die Geister wollen eben auch bisschen Kohle", denn ein Geschenk muss man natürlich auch abgeben. Später erzählt der Dorfälteste, dass er in Bratislava studiert hat und auch schon in Deutschland war...unfassbar. Dann fahren wir zurück nach Ende, wo wir am Tag drauf von dem klitzekleinen Flughafen -- noch kleiner als der in Bima -- den Flieger Richtung Timor nehmen.
Zwei Kraterseen des Kelimutu

Hotel Bajawa: Happy Happy Hotel
Hotel Moni: Angi Lodge