Nach durchzechter Nacht in internationaler Partygesellschaft in Georgetown schlafen wir im Bus am nächsten Tag erstmal den Schlaf der Gerechten. Als ich schließlich aufwache, sind wir umgeben von dichtem grünen Dschungel: Baum für Baum, bergab, hügelhinauf, ist jeder Quadratzentimeter Boden und Luft bis zu den Baumkronen hoch bewachsen. 60% Malaysias sind Regenwald! Es gibt hier tausende Pflanzenarten, die es nur hier gibt, auf diesen "paar Metern" Malaysia. Es soll hier auch seltene Tiere geben, Tiger, Leoparden und fliegende Eichhörnchen, aber vor allem letztere kriegt man nur sehr selten zu sehen (schade). Als ich den Dschungel an den Busfenstern vorbei ziehen sehe, finde ich es unglaublich, dass es irgendwann mal ein paar Engländer gewagt haben in diesen undurchdringlichen Dschungel einzudringen!

Irgendwo mitten im nirgendwo steigt ein Inder aus dem Bus aus...mitten auf der Straße. Es gibt hier nichts weit und breit außer Bäumen. Der ganze Bus schüttelt ungläubig mit dem Kopf, ein allgemeines Raunen und Augenbrauchenhochziehen zieht durch die Reihen der westlichen Touristen. Kurz darauf hält der Bus noch einmal, der Busfahrer steigt aus und öffnet das Gepäckfach...Stirnrunzeln im Bus.
Wenig später geraten wir in eine Polizeikontrolle, ein Polizist mit Maschinengewehr (!) steigt ein, lässt sich von allen im Bus sitzenden Indern die Papiere zeigen und nimmt schließlich alle mit. Man wundert sich...und kommt zu der Erkenntnis: Na toll, wir fahren mit einem Massenmörder im Gepäckfach! ;)
(An dieser Stelle möchte ich einwerfen, dass es mich durchaus nicht beruhigt, wenn einer der ein Maschinengewehr in der Hand hält, ein Polizeihemd trägt - es drängt sich doch die Frage auf, wozu er das Gewehr braucht - auch wenn diese Kleidung anderen "Hemden" natürlich vorzuziehen ist.)
Am nächsten Tag erfahren wir, dass Malaysia ein Problem mit illegalen Einwanderern aus Nepal, Bangladesh und Indien hat, die mit Familienbesuchsvisa nach Malaysia kommen und dann Arbeit suchen. Da es in den Cameron Highlands viel Arbeit gibt, die man ohne Training und ohne Sprachkenntnisse verrichten kann, sprich: in der Landwirtschaft, bietet es sich an auf dem Weg dorthin die Straßen zu kontrollieren. Also kein Massenmörder. Na immerhin.
Wir haben an diesem Tag einen Tagestrek mit Jason gebucht, den sogenannten "Nature Walk". Jason stellt sich als wahrer Glücksgriff heraus: Als ehemaliger Umweltschutzanwalt, der in London studiert hat, spricht er perfektes britisches Englisch. Ausserdem ist er in den Cameron Highlands aufgewachsen, er kennt den Dschungel und seine Pflanzen und Tiere wie seine Westentasche. Und er liebt den Dschungel. Gemeinsam mit diesem Aussteiger-Ex-Anwalt dringen wir tief in den Regenwald ein und Jason wird nicht müde uns auf einzelne Pflanzen und Tiere, manchmal winzigklein, hinzuweisen: Da sind wilde Orchideen, die Insekten imitieren um von denen befruchtet zu werden, Farne die in Bäumen hängen und von der Feuchtigkeit in der Luft leben, viele symbiotische Minikosmen, deren Zusammenspiel uns Jason erläutert, fleischfressende Pflanzen und der Moosdschungel - einzigartig in der Welt (lieber Marc Fuchs, das ist was für dich!). Fliegende Eichhörnchen sehen wir leider trotzdem nicht. ;) In der Pause gibt es Brot mit Nutella, Jason hat überwiegend Deutsche Wanderer. ;) Er erzählt auch viel von Malaysias Kultur, Gesellschaft und von indigenen Völkern. Und er klagt auch viel: Als ehemaliger Umweltaktivist hat er, wie er selbst sagt, den Glauben an die Menschheit verloren. Der Regenwald wird permanent abgeholzt, um der aufstrebenden malayischen Bevölkerung Platz zu machen für Landwirtschaft und Wohnungen. Dabei beherbergt er etliche Arten die es nur in diesen Gefilden gibt, davon viele Pfanzen deren medizinische Vorzüge im Kampf gegen Krankheiten wie Krebs und Aids erst seit Kurzem erforscht werden. Jason erzählt auch, dass man in Malaysia Unterstützung vom Staat bekommt, wenn man muslimisch ist, wodurch die umgesiedelten einheimischen Völker mittlerweile geradezu zum Konvertieren gezwungen werden.
Wir stampfen weiter durch den Dschungel, hunderte Meter laufen wir immer wieder auf dichten, von Erde überdeckten Wurzelgeflechten, die in der Luft hängen und mitschwingen, wenn wir darüber gehen. Beim Abstieg werden wir vom Regen "überrascht" (allzu überraschend war es nicht, man ist ja schließlich im Regenwald). Wir schlittern und rutschen im stömmenden Regen im Dschungel den Berg runter. Die vielen ach-so-schönen Wurzeln sind nun glitschig, überall ist Schlamm und ich breche beim Versuch mich festzuhalten den ausgeliehene Aluminium-Wanderstock in zwei Hälften, als ich abrutsche und meterweise einen Hang auf dem Arsch runter rutsche. Aber ich hab ja meine Ellenbogenschützer, alles gut. Etwas erschrocken hab ich mich trotzdem (und abends merk ich die Beanspruchung im Ellenbogen). Dennoch kommen wir gutgelaunt und vollgeschlammt im Teehaus einer Teeplantage an. In den Cameron Highlands wird Tee angebaut, grüne Teeplantangen ziehen sich kilometerweit über die Hügel, die Aussicht ist wunderschön! Schwarzer, güne, weißer und Oolong Tee werden alle aus der selben Pflanze gewonnen, lernen wir hier von Jason, nur die Verarbeitung ist eine andere und teilweise die Teile der Pflanze die benutzt werden (für weißen Tee nur die obersten, zartesten Pflänzchen). Die Fotos, die wir im Teehaus mit Teeplantage im Hintergrund machen sehen aus, als ob wir vor einer Fototapete fotografiert worden wären.


Unterkunft: Father's Guest House
Guide: Jason von Cameron Secrets (www.cameronsecrets.com)